WARNUNG: Sie verwenden einen veralteten Webbrowser (Internet Explorer), der von www.tt.com nicht mehr unterstützt wird. Auch aus Sicherheitsgründen sollten Sie auf einen modernen Webbrowser wechseln. > mehr erfahren
Story Icon
liveticker
Tennis-Expertin Barbara Schett.

Tennis-Kolumne

Spielball Schett-Eagle

Die Innsbruckerin Barbara Schett-Eagle, ehemals Nummer sieben der Welt, berichtet für die TT vom aktuellen Tennis-Geschehen und analysiert die Jagd nach dem gelben Filzball auf und abseits des Center Courts.

Weniger anzeigen
Live

Linz-Upgrade ein Riesenschritt

Mit der Aufwertung vom 250- zum 500-Punkte-Turnier ist den Upper Austrian Ladies in Linz etwas ganz Großes gelungen. Es war schon davor die größte Damen-Veranstaltung Österreichs, nun steht es auf einer Stufe mit den Erste Bank Open. Das macht am Ende einen Riesenunterschied, denn nun ist das Turnier nicht mehr limitiert und kann alle zehn Top-Ten-Spielerinnnen verpflichten, wie Aryna Sabalenka, Cori Gauff oder Iga Swiatek. Dass das nun gelungen ist, zeigt auch die Wertschätzung der WTA gegenüber Linz. Ich weiß, was das Team um Turnierdirektorin Sandra Reichel dort leistet und was für ein Elan und welche Leidenschaft vorhanden sind. Daher freut es mich umso mehr.

Wer genau dann aufschlägt, wird sich erst später herausstellen, weil der Termin, 28. Jänner bis 3. Februar, direkt nach den Australian Open ist. Die Finalisten werden da nicht unbedingt antreten. Aber kurzfristig kann sich noch einiges tun. Vor allem, weil das Turnier jetzt mit mehr Punkten attraktiver ist. Und zu guter Letzt ist es auch für unsere Tennis-Jugend wichtig, dass sie die besten Spielerinnen im eigenen Land sehen kann. Das kann inspirierend wirken für die Kinder, wenn sie das echte Tempo sehen. So wie es eben erst in der Wiener Stadthalle der Fall war. Das kann nur positiv sein. Und schön ist auch, dass Österreich international wieder mehr beleuchtet wird.

Da muss man abbrechen

Es war ein Wahnsinn am Mittwoch, nicht auszuhalten die Hitze mit der hohen Luftfeuchtigkeit. Nach einer halben Stunde im Freien war ich komplett durchgeschwitzt, John McEnroe neben mir ebenso. Dabei sind wir nur gestanden, haben nicht Tennis ge­spielt. Unbeschreibbar, wie sich das am Platz anfühlen muss. Medwedew und Rublew war das schon am Ende des ersten Satzes anzusehen. Wenn die Bedingungen so sind, muss man eigentlich abbrechen. Das Spiel hat dann auch nichts mehr mit Tennis oder Taktik zu tun. Es geht nur noch darum, wer am Ende noch auf dem Platz stehen und sich auf den Beinen halten kann.

Von den Temperaturen her mag es bei den Australian Open mitunter heißer sein, aber die hohe Luftfeuchtigkeit hier verschärft die Bedingungen in New York enorm. Das Dach des Arthur-Ashe-Stadions war auch halb geschlossen, um vor der Sonne zu schützen, doch im Gegensatz zur Rod-Laver-Arena in Melbourne hat man hier in Flushing Meadows keine Klimaanlage. Die Auswirkungen auf den Körper sind dabei eklatant. Ich selbst hatte vor Jahren hier ein langes Spiel mit einer 6:7-Niederlage im dritten Satz und brauchte, weil ich vor Enttäuschung nichts getrunken oder gegessen habe, Wochen, um wieder fit zu sein. Die Erholung wird auch jetzt der entscheidende Faktor für den Titelgewinn sein.

Das tut dem Kopf nicht gut

Gastritis, Reflux oder doch ein auch in New York grassierender Magen-Darm-Virus – erst eine umfangreiche medizinische Abklärung in der Heimat wird für Dominic Thiem und sein Team Aufschluss bringen. Und hoffentlich die Möglichkeit zur schnellstmöglichen Bekämpfung der Beschwerden.

Losgelöst vom körperlichen Aspekt muss der Niederösterreicher auf seinem so beschwerlichen Weg zurück mit dem nächsten mentalen Rückschlag zurande kommen. Verlieren tut immer weh, aber just bei einem seiner Lieblingsturniere aufgeben zu müssen, schmerzt doppelt und dreifach. Denn bis zu seinem w. o. agierte Dominic gegen Ben Shelton, immerhin Viertelfinalist der Australian Open, auf Augenhöhe. Und das, obwohl er sich vor dem Match übergeben musste und ab Mitte des ersten Satzes von Magenkrämpfen geplagt war. Das zeigt nur, dass er sich zuletzt der Form vergangener Jahre annäherte.

Stattdessen aber reihen sich die US Open in eine lange Serie von wiederholten Nackenschlägen ein. Das tut dem Kopf nicht gut. Dieses wiederholte Zurückkämpfen, dieses Wollen, aber nicht können ist vor allem mental eine immense Belastung. So ein Weg zurück ist ein verdammt harter Weg – und Dominic wird am Sonntag 30. Kein Alter für einen Profi, aber doch: Einfacher wird es nicht werden.

WTA-Turnier in Kitz wäre toll

Wie mir zu Ohren gekommen ist, gibt es Interesse daran, in Kitzbühel ein Damen-Turnier auf WTA-Ebene zu veranstalten. Das wäre toll. Ich habe es immer geliebt, hier in Kitzbühel zu spielen, als es Anfang der 1990er-Jahre noch ein WTA-Turnier gab. Ich habe hier meine ersten Spiele gewonnen. Aber das Problem ist, dass es für ein kombiniertes Damen- und Herren-Turnier in derselben Woche einfach zu wenige Plätze gibt.

Ansonsten hat sich das ATP-Turnier in Kitzbühel ja schon längst gut entwickelt. Es ist ein Riesen-Zulauf von Tennis-Fans, die Wege sind für die Spieler nahe, die Kulisse ist atemberaubend. Es ist schön, dass es schon so lange besteht. Ich bin ja schon als Kind oft hier gewesen – mein Papa war Linienrichter, meine Mama hat die Kasse gemacht. Die Organisatoren machen hier einen grandiosen Job.

Kitzbühel hat seinen Platz in der ATP gefunden und richtig etabliert. Der Status als 250er-Turnier passt gut, eine bessere Lizenz kostet einfach auch viel mehr. Es wird immer wieder mal diskutiert, dass das Turnier in einer anderen Woche stattfindet. Aber 2024 direkt vor Olympia in Paris auf Sand hat man die Chance auf mehr Top-Spieler. Denn da bleiben viele in Europa.

Ausgeglichene Bilanz, dennoch sehe ich bei Jabeur leichte Vorteile

Noch am Donnerstagabend habe ich Wimbledon-Fina­listin Marketa Vondrousova in der Umkleidekabine getroffen – und sie hat fast unentwegt telefoniert und auf meine Nachfrage schmunzelnd gemeint, dass sie gerade „sehr viele Freunde“ habe.

Es gab auch andere Zeiten. Insbesondere, als die Tschechin Verletzungen und Operationen monatelang außer Gefecht gesetzt hatten. 2019, nach ihrem verlorenen French-Open-Finale, musste sie sich einer Handgelenks-OP unterziehen, vergangenen Sommer erfolgte an selber Stelle ein erneuter chirurgischer Eingriff. Umso bemerkenswerter, dass sie wie Finalgegnerin Ons Jabeur im dritten ganz großen Endspiel nach dem ersten Titel greift.

Die Bilanz der beiden könnte ausgeglichener nicht sein. Nach vier Begegnungen heißt es 2:2 nach Siegen und 5:5 nach Sätzen. Dennoch sehe ich leichte Vorteile bei Jabeur. Die Tunesierin hat hier mit Bianca Andreescu, Titelverteidigerin Jelena Rybakina und Aryna Sabalenka drei Grand-Slam-Siegerinnen aus dem Bewerb genommen – und strotzt vor Selbstvertrauen und Nervenstärke. Gerade vom Kopf her ist sie im Vergleich zum Vorjahr ganz anders gestrickt. Ons weiß um ihre Mission, als erste afrikanische Spielerin einen Grand-Slam-Einzeltitel zu holen. Und niemand scheint sie dabei stoppen zu können.

Wimbledon ist unterirdisch

Ex-Ski-Star Lindsey Vonn und Fußball-Ikone David Beckham sitzen gerade hier in der Player’s Lounge direkt vor mir – Wimbledon ist eben immer noch der Grand Slam mit der größten Tradition und daher auch größten Anziehungskraft. Jeder Spieler will hier einmal gewinnen, um seine Karriere zu krönen. Dabei hat sich auch bei dem so auf Bewährtes setzenden Rasenturnier einiges geändert. Und das spielt sich unterirdisch ab. Das Areal wurde erweitert, von der Player’s Lounge aus gibt es einen Tunnel, der zu den Hallenplätzen führt.

Damit haben die Spieler jetzt mehr Ruhe auf ihrem Weg zum Training, immerhin ist das Gelände hier doch relativ klein und eng. Es bietet wenig Platz, doch genau das wollen die Organisatoren ändern. Sie wollen noch mehr Land, das ihnen gehört, in das Spielgelände mit aufnehmen, um den ständig mehr werdenden Zuschauern somit mehr Raum zu bieten.

Es wurde zudem auch viel renoviert nach den vielen Jahren, in denen sich wenig getan hat. Auch Wimbledon muss eben mit der Zeit gehen, was am augenscheinlichsten wird, wenn man sich die neue Unterwäsche-Regelung ansieht. Die muss seit heuer nicht mehr nur weiß sein. Eine Entscheidung, die ich sehr gut finde und die längst fällig war.

Was mich auch sehr positiv gestimmt hat, ist, wie die Russen und Belarussen nach dem Ausschluss bei der Wiederaufnahme empfangen wurden. Daniil Medwedew wurde bei seinem Spiel gut aufgenommen von den Fans, was schön zu beobachten war. Die Fans in Wimbledon haben ja bekanntlicherweise viel Ahnung vom Tennis und verhalten sich auch dementsprechend. Die Stimmung ist wie immer gut hier in Wimbledon.

Nervliche Spannung bis zum Krampf

Zuerst in der Hand, dann im Arm und schlussendlich am ganzen Körper – Carlos Alcaraz war im Halbfinale gegen Novak Djokovic von Krämpfen gebeutelt. In so einem Fall hilft dann auch schnelle Magnesium-Zufuhr nichts mehr, da kommt man nicht mehr raus. Mit mangelnder Fitness hat das aber nichts zu tun. Zwar war die physische Belastung mit Sprints und langen Rallyes in den ersten zwei Sätzen groß, entscheidend war jedoch die nervliche Anspannung bei Alcaraz.

Der 20-jährige Spanier hat sich wie ein kleines Kind auf dieses Halbfinale gegen Novak Djokovic gefreut und sich reingesteigert. Im positiven Sinne, aber dann doch sehr belastend für die Psyche. Das kann einem jungen, manchmal in dieser Hinsicht noch ungestümen Spieler passieren.

Es zeigt andererseits, wie routiniert und fit der 16 Jahre ältere Djokovic ist. Er spielt jetzt sein 34. Grand-Slam-Finale. Dass Casper Ruud bei seinem erst dritten ihn biegen kann, würde mich schon überraschen. Vielleicht schafft es der Norweger, Djokovics Aufschläge zu neutralisieren und den zweiten zu attackieren. Selbst muss Ruud auch aggressiv servieren, Djokovic ist ja als guter Rückschläger bekannt. Wenn ich mir das so durchüberlege, hat Ruud aber kaum Chancen, ihm fehlen auch die Waffen wie etwa eine stärkere Rückhand. Was ihm helfen könnte: Es ist sehr heiß in Paris, das mag Djokovic für gewöhnlich weniger.

Wo bleibt die Gleichberechtigung?

Erst um 18 Minuten nach Mitternacht war Schluss für Alexander Zverev, hatte der Deutsche mit einem Viersatzerfolg über Frances Tiafoe (USA) das Achtelfinale der French Open erreicht. Der Arbeitstag des Olympiasiegers war damit aber noch nicht vorbei: Pressekonferenz um 1.30 Uhr, dann die Arbeit mit dem Physiotherapeuten – viel vor vier Uhr wird „Sascha“ wohl nicht ins Bett gekommen sein. Dass das dem Biorhythmus schadet, liegt auf der Hand. Ebenso wie Zverevs Einwurf, es sollten mehr Damen-Nightsessions steigen.

Mal losgelöst vom Fakt, dass die Damen nur Best-of-three-Matches bestreiten, finde ich die Ansetzung der Night Sessions bei den French Open schlichtweg ungerecht. Schon vor dem Turnier stand fest, dass es unter den elf Abendpartien zehn Herrenspiele geben wird. Das gestrige Duell Aryna Sabalenka – Sloane Stephens war die Ausnahme. Ich verstehe diese Einseitigkeit nicht, Gleichberechtigung sieht anders aus. Erst recht, weil mit Amélie Mauresmo eine Frau als Turnierdirektorin fungiert. Da frage ich mich schon, wie viel Macht sie hat bzw. ob und wer da hinter den Kulissen die Fäden zieht. Die Bedenken, dass eine Damenpartie im schlimms­ten Fall nach einer Stunde vorbei sein könnte, ist leicht zu entschärfen. Beispielsweise, wenn man zusätzlich noch ein Doppel ansetzen würde.

Sebastian kann stolz sein!

Unglaublich, was Sebastian Ofner dieser Tage in Paris leistet. Angesichts dessen, was er durchgemacht hat, kann er besonders stolz sein. Lange Zeit spielte er aufgrund von Fersenproblemen mit Schmerzen, seit seiner Operation scheint er ein anderer Spieler zu sein. Seine Rückhand ist sensationell, die Vorhand ist einzigartig – und im Kopf wirkt er sehr solide. Schließlich spielte Sebastian noch nicht viele Spiele auf diesem Niveau.

Gegen Stefanos Tsitsipas wird es schwer: Der Grieche ist ein guter Aufschläger, Returns werden eine große Rolle spielen. Aber der Druck liegt auf ihm, und wenn er nervös wird, kann alles passieren. Sebastian sollte auf den Platz gehen und das Spiel in erster Linie genießen.

Wie weit er in seiner Karriere noch kommen kann? Nach Paris wird er um die Top 80 sein, da ist die Luft dünn. Sebastian muss es Schritt für Schritt angehen.

Auch eine Gauff ist für Grabher schlagbar

Wenn ich gerade einen Hut aufhätte, ich würde ihn vor Julia Grabher ziehen. Ganz unabhängig, wie ihr heutiges Dritt­rundenmatch gegen die Vorjahresfinalistin Coco Gauff (USA) endet. Erst einmal finde ich es großartig, dass wir wieder eine Österreicherin haben, die bei einem Grand-Slam-Turnier mitmischt.

Erfolg ist kein Glück. Das steht auf Julias Homepage – und ist sinnbildlich für ihre Entwicklung. Noch vor rund einem Jahr lag die Dornbirnerin in der Weltrangliste auf Position 151, nicht zuletzt dank ihres ersten WTA-Endspiels zuletzt in Rabat durfte sie sich über ein Karrierehoch (Platz 61) freuen – und die Tendenz ist steigend.

Julia ist nicht das größte österreichische Talent der vergangenen Jahre, aber jene Spielerin, die klar am meisten aus ihren Fähigkeiten gemacht hat. Sie hat sich regelrecht nach oben durchgekämpft. Und das ringt mir besonderen Respekt ab.

Das gilt freilich auch für ihre Vorhand – die bei ihr gerade auf Sand eine regelrechte Waffe ist. Kann sie damit heute Gauff entsprechend beschäftigen, Mitentscheidend für ihren Karrieresprung war der Wechsel zu Günter Bresnik, der ihr auch so manche technische Schwäche austrieb. Körperlich zählt Julia ohnedies zu den Fittesten im Zirkus. Das macht sie auch im Kopf stark ...

Mehr Beiträge laden
Tennis-Kolumne