"Merkel zeigt die Größe, zu der Horst Seehofer offenbar noch nicht bereit ist"
So kommentiert der stellvertretende Chefredakteur des ZDF Elmar Theveßen Merkels Rückzug.
Kein Kommentar von US-Regierung: Rückzug von Merkel ist "interne deutsche Angelegenheit"
Die US-Regierung will die Rückzugsankündigung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nicht näher kommentieren. "Uns ist die Ankündigung bekannt", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, am Montag in Washington. Es handle sich jedoch um eine innenpolitische Angelegenheit in Deutschland. Die US-Regierung werde weiter mit Merkel und der deutschen Regierung zusammenarbeiten.
Merkel hatte am Montag ihren Rückzug angekündigt - zum Jahresende zunächst als CDU-Chefin, in drei Jahren auch als Kanzlerin. Sie reagierte damit auf massive Unzufriedenheit mit der Bundesregierung und der schweren Wahlschlappe ihrer Partei in Hessen. Die 64-Jährige will im Dezember den Parteivorsitz abgeben und sich 2021 ganz aus der Politik zurückziehen. Bis zum Ende der Wahlperiode will Merkel aber Regierungschefin bleiben.
"Äußerst würdevoll": Frankreich und Polen würdigen Merkels Rückzug
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete den Schritt der Kanzlerin am Montagabend als "äußerst würdevoll". Besorgt zeigte er sich aber über den Umstand, dass Merkels Rückzug vor dem Hintergrund des Erstarkens rechter Kräfte erfolge.
Die Kanzlerin regiere Deutschland "mit viel Mut", sagte Macron bei einer Pressekonferenz im Elysee-Palast. Er empfinde "Bewunderung" für Merkel. Besonders hob er ihr Eintreten für Europa hervor. Auf europäischer Ebene ist Merkel die wichtigste Verbündete des französischen Präsidenten:
"Sie hat niemals vergessen, was Europas Werte sind."
Angesichts des Aufstiegs rechter Kräfte in Deutschland und anderswo in Europa habe Merkels Entscheidung allerdings "nichts Beruhigendes", fügte der Präsident hinzu. Namentlich nannte er die rechtspopulistische AfD. "Ich sehe das als europäisches Phänomen, nicht nur als deutsches", fügte Macron hinzu. Gerade in Frankreich sei die Rechte besonders stark:
"Das macht mir Sorgen, es motiviert mich aber auch. Wenn die extreme Rechte zulegt, dann liegt das daran, dass andere Parteien keine Antworten auf den Ärger oder die Sorgen der Menschen finden. Es bedarf einer demokratischen und glaubwürdigen Antwort auf alle Formen von Demagogie.
Auch Polen würdigte Merkels Entscheidung und kündigte eine Zusammenarbeit bis zum Ende ihres Mandats an. Außenminister Jacek Czaputowicz begrüßte am Montag in Warschau ausdrücklich Merkels Ankündigung, auch nach dem Verzicht auf den CDU-Vorsitz bis 2021 Bundeskanzlerin bleiben zu wollen:
"Das wichtigste für uns ist die Erklärung, dass Frau Merkel bis zum Ende ihres Mandats Kanzlerin bleibt."
Warschau erkenne Merkels "wichtige Rolle" bei der Reform der EU ebenso an wie ihren "wichtigen Platz in der Geschichte der Europäischen Union in den vergangenen Jahren", erklärte der Minister der rechtsnationalen polnischen Regierung. Zudem hob er die stabilisierende Rolle der Bundeskanzlerin in der EU hervor.
ORF-Korrespondentin Birgit Schwarz aus Berlin
Von „AKK“ über Merz bis Schäuble: Merkels mögliche Erben
Seit 13 Jahren ist Angela Merkel Kanzlerin, seit April 2000 sogar schon CDU-Vorsitzende. Beim Parteitag Anfang Dezember in Hamburg will sie nun nicht erneut als Parteichefin antreten. Welche potenziellen Nachfolger haben welche Chancen?
Günther hat kein Interesse an Parteivorsitz
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther will sich nach eigenen Worten nicht um das Amt des CDU-Parteichefs bewerben. Er habe keinerlei Absicht, für den CDU-Bundesvorsitz zu kandidieren, sagte Günther in Kiel. Er nahm Merkels Entscheidung nach eigenem Bekunden mit Respekt zur Kenntnis.
Er hätte sie in dieser Verantwortung auch weiterhin unterstützt, daran hätte aus seiner Sicht auch die Landtagswahl in Hessen keinen Abbruch getan. Er respektiere aber, dass Merkel nun ein noch stärkeres Erneuerungssignal setzen wolle.

CSU-Generalsekretär lässt Zukunft von Parteichef Seehofer offen
CSU-Generalsekretär Markus Blume lässt die Zukunft von Parteichef Horst Seehofer nach Angela Merkels angekündigten Rückzug der CDU-Spitze offen. "Ich möchte der Analyse bei uns nicht vorgreifen", sagte Blume am Montag in München. Seehofer wird seit dem für die bayerischen CSU enttäuschenden Ergebnis der Landtagswahl vor zwei Wochen parteiintern verstärkt kritisiert.
Merkels Rückzug ist "notwendiger Beitrag"
Blume sagte, die Partei wolle sich erst auf die Bildung der bayerischen Landesregierung und die Bewerbung von CSU-Vize Manfred Weber als europäischer Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei konzentrieren. "Und dann werden wir gemeinschaftlich über das weitere Vorgehen in der CSU beraten." Die Partei steckt in Bayern gerade in Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern.
Blume begrüßte Merkels Ankündigung, sich nicht mehr als CDU-Chefin zur Wahl zu stellen: Das sei ein "notwendiger Beitrag zu politischen Klärungsprozessen".

Erster CDU'ler will Seehofers Rücktritt
Nach dem angekündigten Verzicht von Angela Merkel legt CDU-Bundestagsabgeordneter Eckhardt Rehberg dem CSU-Chef Horst Seehofer den Rücktritt nahe. Es sei ein "Treppenwitz der Geschichte", dass Merkel ihr Amt als Parteichefin zur Verfügung stelle, während Seehofer noch im Amt sei, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
"Wenn man sich die letzten Wochen und Monate ansieht und auf die Ergebnisse der beiden Landtagswahlen in Bayern und Hessen schaut, muss sich zuallererst die CSU die Frage stellen, welche Weichen sie personell stellen will. Die Antwort dürfte klar sein."
Laschet: "Merkels Entscheidung ist bemerkenswert"
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hat die Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel als "bemerkenswert" bewertet. "Es waren 18 erfolgreiche Jahre, in denen sie als Bundeskanzlerin die Partei in die Regierung geführt hat", sagte der CDU-Vize nach Sitzungen der Parteigremien. Doch jetzt komme es darauf an, dass die große Koalition wieder bessere Arbeit leiste.
Zu einer möglichen eigenen Kandidatur für den Posten des CDU-Chefs äußerte er sich zunächst nicht. Als Vorsitzender des mitgliederstärksten CDU-Landesverbands gilt er als Kandidat.

Söder lobt Verzicht Merkels
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat den Verzicht von Merkel auf eine weitere Kandidatur als CDU-Chefin gelobt. "Wir nehmen das alles mit Respekt zur Kenntnis", sagte er am Rande der Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern.
"Das sind Entscheidungen der CDU, schauen wir mal, wie es weitergeht. Wir müssen jetzt hier unsere Arbeit machen."
Söder zählte in den vergangenen Jahren in der CSU immer wieder zu den Kritikern von Merkel – etwa zu deren Asylpolitik.