🩠 ExpertenschĂ€tzung zu ImmunitĂ€tsrate bei rund 70 Prozent

Gegen eine Infektion mit den in Österreich dominanten Untertypen der Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Erregers (BA.2 und BA.4/5) waren laut einer Modellrechnung von Simulationsforschern Anfang August geschĂ€tzte rund 70 Prozent der Bevölkerung immun. Derart hoch lag das Niveau in der monatlichen "Modellbasierten SchĂ€tzung des Immunisierungsgrades" zuletzt zwischen MĂ€rz und Mai. Hinter kĂŒnftigen SchĂ€tzungen stĂŒnden aufgrund der Änderungen in den Pandemie-Daten Fragezeichen.

▶ Das Team um Martin Bicher von der Technischen UniversitĂ€t (TU) Wien und dem Unternehmens dwh, einem TU-Spin-off, hĂ€lt fest, dass zum Stichtag (1. August) "in etwa 72 Prozent der österreichischen Bevölkerung gegen die Omikron BA.2 Subtype immun" waren. Beim Blick auf die BA.4/5-Subvarianten liege man mit rund 70 Prozent etwas darunter. Diese ImmunitĂ€tswerte drĂŒcken die effektive Reproduktionszahl - also die durchschnittliche Anzahl an Personen, die ein Infizierter ansteckt - momentan zwischen 65 Prozent in Bezug auf BA.2 bzw. 63 Prozent mit Blick auf BA.4/5. Die Analyse basiere auf internationalen wissenschaftlichen Studien und auf einem "sehr genauen" Blick auf Reinfektionsdaten je nach Erreger-Variante aus Österreich, in Verbindung mit Impf- und Infektionsstatistiken, erklĂ€rte Bicher im GesprĂ€ch mit der APA.

▶ Die Ursache fĂŒr das aktuell vergleichbar hohe Niveau sind zum allergrĂ¶ĂŸten Teil die Infektionen, die große Teile der Bevölkerung in den vergangenen Wochen und Monaten durchgemacht haben. Die Impfungen und Auffrischungen hingegen spielen seit der Dominanz der Omikron-Variante vor allem eine wichtige Rolle beim Schutz gegenĂŒber schweren KrankheitsverlĂ€ufen.

▶ Die nun errechneten, doch deutlich höheren ImmunitĂ€tslevels im Vergleich zu Anfang Juni und Juli machen "epidemiologisch durchaus Sinn", so der Simulationsforscher. Die BA.4/5-Welle habe ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt bereits hinter sich. Das Abebben sei auf temporĂ€re SĂ€ttigungseffekte zurĂŒckzufĂŒhren - dem Virus gehen also die potenziellen "Opfer" im nĂ€herem Umfeld aufgrund rundum steigender ImmunitĂ€t aus. Mit der RĂŒckkehr der Urlauber und dem RĂŒckgang der positiv wirkenden saisonalen Effekte im Herbst wird sich die Situation jedoch den Modellrechnungen zufolge wieder Ă€ndern.

▶ Schwierigkeiten haben die Forscher aber auch in diesem Bereich der Auseinandersetzung mit der Pandemie mit den zuletzt gemeldeten Daten. So gingen vor allem rund um das QuarantĂ€ne-Aus die Test- und auch die so dokumentierten Infektionszahlen stark nach unten. Das lĂ€sst auch die ImmunitĂ€tsschĂ€tzung wieder leicht absinken. Ob all das auch der RealitĂ€t entspricht, sei sehr fragwĂŒrdig. Daraus folgt, dass es in der aktuellen Datenlage immer schwerer werde, das mittlerweile "seit Jahren bewĂ€hrte Reporting-System" aufrechtzuerhalten, so der Wissenschafter. Es brauche nun möglichst schnell ein funktionierendes Abwassermonitoring oder ein belastbares Sentinel-System mit niedergelassenen Ärzten, wie es das fĂŒr Influenza-FĂ€lle gibt, sofern man auch in Zukunft die epidemiologische Lage im Blick haben möchte.

▶ In Richtung Herbst seien die zuletzt hohen Covid-19-Infektionszahlen und die daraus folgenden vorĂŒbergehenden ImmunitĂ€ten eher als Vorteil anzusehen, so Bicher. Letztlich sei dies eine gute Voraussetzung fĂŒr eine ausgeglichenere Verteilung der Belastung durch Erkrankungen fĂŒr das Gesundheitssystem in den kommenden Monaten.