Alle Nachrichten zum Thema jetzt im Dossier: Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
Dieser Blog wird nicht mehr mit Meldungen befüllt. Stattdessen bieten wir tagesaktuelle Artikel, Hintergründe, Meinungen und vieles mehr im Themen-Dossier zu Russlands Angriffskrieg in der Ukraine.
Putin erleichtert Vergabe russischer Pässe an alle Ukrainer
Moskau weitet im Konflikt mit Kiew seine Politik des erleichterten Zugangs zur russischen Staatsbürgerschaft aus.
"Alle Bürger der Ukraine haben das Recht, die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation nach einem vereinfachten Verfahren zu beantragen",
hieß es in einem am Montag veröffentlichten Dekret von Präsident Wladimir Putin. Bisher galt die Regelung nur für Ukrainer in den ostukrainischen Separatistengebieten Luhansk und Donezk.
◾️ Ende Mai hatte der russische Präsident dann die Einbürgerung per Schnellverfahren für die zwei großteils von Russland besetzten südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja beschlossen. Dort arbeiten die russischen Besatzungsbehörden nach eigenen Angaben bereits an einem Referendum über einen Anschluss an Russland. Ukrainische Behörden werfen den Besatzern vor, Menschen in die russische Staatsbürgerschaft zu drängen, und befürchten eine Annexion der besetzten Gebiete.
◾️ Die Vergabe russischer Pässe ist auch deshalb brisant, weil Russlands Militärdoktrin Einsätze rechtfertigt, wenn es um den vermeintlichen Schutz eigener Staatsangehöriger geht. Das könnte dann auch Menschen auf ukrainischem Staatsgebiet umfassen, die sich einen russischen Pass ausstellen haben lassen.
Treffen Putin-Erdogan zu Getreidelieferungen geplant
Russland und die Türkei werden der Regierung in Moskau zufolge in naher Zukunft ein Gipfel-Treffen abhalten. Im Vorfeld habe ein Telefonat zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan zu Getreidelieferungen stattgefunden, heißt es weiter. Dabei sei über eine Zusammenarbeit beim Export und einer sicheren Passage auf dem Schwarzen Meer diskutiert worden.
◾️ Der Agentur Anadolu zufolge erklärte Erdogan, dass es Zeit sei, einen Plan der Vereinten Nationen für einen See-Korridor für den Export von ukrainische Getreide umzusetzen.
Litauen verschärft Waren-Kontrollen nach Kaliningrad
Die Lage um die russische Exklave Kaliningrad spitzt sich weiter zu. Das EU-Land Litauen weitete am Montag die Beschränkungen für den Handel mit der russischen Ostsee-Exklave aus, nachdem die Sanktionen der EU gegen Moskau wegen des Ukraine-Kriegs in Kraft getreten sind.
◾️ Zu den zusätzlichen Waren, die seit Montag im Transit zwischen Russland und Kaliningrad verboten sind, gehören Beton, Holz, Alkohol und Industriechemikalien auf Alkoholbasis, sagte ein Sprecher des litauischen Zolls. Russland hatte Litauen und die EU schon am Freitag gewarnt, dass es "harte Maßnahmen" ergreifen könnte, wenn der Transit einiger Waren zwischen Russland und Kaliningrad nicht "in den nächsten Tagen" wieder aufgenommen würde.
◾️ Am Montag schlug der Gouverneur des Kaliningrader Gebiets ein vollständiges Verbot des Gütertransports auf dem Landweg zwischen Russland und den drei baltischen EU-Mitgliedstaaten Litauen, Lettland und Estland vor, wodurch russische Güter von deren Häfen auf die Häfen im Kaliningrader Gebiet umgeleitet werden könnten. Putin und Lukaschenko, ein enger Verbündeter, sprachen in einem Telefonat nach eigenen Angaben über mögliche Reaktionen. Der Kreml sprach von "illegalen Beschränkungen", die Litauen für den Warentransit in das Kaliningrader Gebiet verhängt habe.
◾️ Die EU-Kommission versucht seit Ende Juni einen Kompromiss, um die Pattsituation zu lösen. Die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik Litauen habe jedoch Sorge, etwas zu tun, was als Zugeständnis an den Kreml angesehen werden könnte, heißt es. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes verwies am Montag auf Aussagen von Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock, die beide betont hatten, dass Transitverbindungen nicht unter die EU-Sanktionen fielen. Man hoffe auf eine Einigung. EU-Diplomaten bezeichneten es als unglücklich, dass sich die Position Litauens verhärtet habe.
Russland und Belarus diskutieren Schritte gegen Litauen
Im Streit um die Einschränkungen des Güterverkehrs in die russische Exklave Kaliningrad durch Litauen diskutieren Russland und Belarus ein gemeinsames Vorgehen gegen das EU-Land. Im Zusammenhang "mit den von Litauen verhängten illegalen Beschränkungen des Warenverkehrs" seien "mögliche gemeinsame Schritte" diskutiert worden, teilte der Kreml am Montag mit. Der russische Präsident Wladimir Putin und der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatten zuvor telefoniert.
◾️ Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen Litauen und Polen und hat keine direkte Landverbindung nach Russland. Das EU-Mitglied Litauen beschränkt seit Mitte Juni den Güterverkehr zwischen Russland und der Exklave. Güter, die unter die EU-Sanktionen gegen Russland fallen, können nicht mehr mit der Bahn von Russland über Litauen nach Kaliningrad gebracht werden. Dazu gehören vor allem Metalle, Baumaterial, Technologiegüter und Kohle.
◾️ Der Gouverneur von Kaliningrad, Anton Alichanow, schätzte Ende Juni, dass bis zu 50 Prozent der Einfuhren der Exklave betroffen seien. Derzeit finden Gespräche zwischen Russland und der EU statt. Moskau fordert die Aufhebung der Beschränkungen und wirft der EU vor, gegen ein 2002 geschlossenes Abkommen über Reisen nach Kaliningrad zu verstoßen.
◾️ Litauen teilt eine 680 Kilometer lange Grenze mit Belarus. Das mit Russland verbündete Belarus diente der russischen Armee bei ihrem Angriff auf die Ukraine als Aufmarschgebiet.
Berlin: Mit Siemens-Turbine kein Grund mehr für Gas-Lieferdrosselung
Die deutsche Regierung sieht mit der Lieferung der in Kanada gewarteten Siemens-Turbine für die Nord Stream 1-Pipeline keinen Grund mehr für eine Gas-Lieferkürzung durch Russland.
"Damit fällt der Grund weg, warum nicht wieder mehr Gas fließen kann", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin.
◾️ Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums betonte, dass die kanadische Ausnahmegenehmigung für die Lieferung nach Deutschland eine einzige Turbine für die Nord-Stream-1-Pipeline betreffe. Siemens hatte ursprünglich von mehreren Turbinen gesprochen, die regelmäßig in Kanada gewartet werden.
◾️ Die Regierung in Ottawa hatte am Wochenende erklärt, man werde eine Ausnahme von den Russland-Sanktionen machen und die in Kanada gewartete Turbine nach Deutschland zurückschicken. Siemens Energy kündigte an, die Turbine schnellstmöglich an seinen Einsatzort bringen zu wollen.
◾️ Die kanadische Regierung hatte gezögert, weil die Lieferung der gewarteten Turbine an den russischen Energiekonzern Gazprom gegen kanadische Sanktionsvorschriften verstoßen hätte. Nun wird die Turbine aber an Deutschland ausgeliefert, das kein Gasembargo gegen Russland kennt. Man habe mit der EU-Kommission geklärt, dass der Einsatz der Turbine nicht gegen die EU-Sanktionsvorschriften verstoße, sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Die Proteste der ukrainischen Regierung habe man zur Kenntnis genommen, sagte die Regierungssprecherin.
Mehr als 7000 ukrainische Militärs vermisst: Gefangenschaft vermutet
Seit Beginn des russischen Einmarsches vor viereinhalb Monaten werden in der Ukraine offiziellen Angaben zufolge rund 7000 Militärs vermisst. Darunter seien Soldaten, Nationalgardisten, Grenzsoldaten und Geheimdienstleute, sagte der ukrainische Vermisstenbeauftragte Oleh Kotenko am Montag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der Großteil der Vermissten werde in russischer Gefangenschaft vermutet. Allein die Armee habe dabei etwa 2000 Soldaten als verschollen registriert.
◾️ Russland führt seit Ende Februar Krieg gegen das Nachbarland und will seitdem mehr als 6000 Ukrainer in Kriegsgefangenschaft genommen haben. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Zahlen nicht.
EU will gegen illegalen Waffenhandel vorgehen
Die Europäische Union will gegen den illegalen Waffenhandel im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg vorgehen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte am Montag bei einem Treffen der europäischen Innenminister in Prag, nicht alle der zahlreichen Waffen in der Ukraine seien "in den richtigen Händen". Gemeinsam mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau wolle die EU deshalb die organisierte Kriminalität bekämpfen.
◾️ Als mögliches Einfalltor gilt die Grenze zwischen der Ukraine und Moldau, wie die amtierende Generaldirektorin der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Aija Kalnaja, in Prag sagte:
"Dort können geschmuggelte Waffen hauptsächlich ankommen", sagte sie.
◾️ In der tschechischen Hauptstadt wollten am Montag erstmals Mitglieder einer neuen Unterstützungs-Plattform für die Grenzsicherheit Moldaus zusammenkommen. An dem Treffen sollten neben der EU und Frontex auch Vertreter der Polizeibehörde Europol teilnehmen. Dabei soll es auch um ein gemeinsames Vorgehen gegen Menschen- und Drogenhändler gehen.
◾️ Damit reagiert die EU auch auf die Jugoslawien-Kriege der 1990er-Jahre. Auch Jahrzehnte später seien die Balkan-Länder ein Umschlagplatz für illegale Waffen, betonte Innenkommissarin Johansson.
Moskau bestätigt Angriff in Donezk, spricht von militärischem Ziel
Russlands Armee hat einen verheerenden Beschuss des ukrainischen Ortes Tschassiw Jar am Wochenende als einen Angriff auf rein militärische Ziele dargestellt. Mit präzisionsgelenkten Waffen sei ein Stationierungspunkt einer ukrainischen Brigade zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, am Montag. Zu dem ukrainischen Vorwurf, es handele sich um einen gezielten Angriff auf eine Wohngegend, äußerte er sich nicht.
◾️ In Tschassiw Jar waren am Wochenende große Teile eines Wohnblocks eingestürzt, laut ukrainischer Darstellung wurden bislang die Leichen von 20 Bewohnern geborgen. Noch immer werden Menschen vermisst. Seit Kriegsbeginn vor viereinhalb Monaten betont Russland immer wieder, im Nachbarland nur militärische Ziele zu treffen - auch wenn die vielen zivilen Opfer mittlerweile offensichtlich sind.
◾️ Russlands Verteidigungsministerium meldete auch Angriffe in anderen Teilen der Ostukraine. Im Gebiet Charkiw sei ein Lager mit aus dem Ausland gelieferter Militärtechnik zerstört worden, sagte Konaschenkow. In der Region Dnipro sei Munition für die aus den USA gelieferten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars vernichtet worden. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht.
EU-Ratsvorsitz: EU muss auf mehr Ukraine-Flüchtlinge vorbereitet sein
Die EU muss sich nach Einschätzung des derzeitigen Vorsitzenden des Innenministerrats auf mögliche weitere Flüchtlinge aus der Ukraine vorbereiten.
"Wir alle hoffen, dass die Situation besser wird, aber das Ende des Krieges sehen wir noch nicht",
sagte der tschechische Innenminister Vit Rakusan am Montag am Rande von Beratungen mit EU-Kollegen in Prag. Man müsse auf nächste Wellen von Ankünften vorbereitet sein.
◾️ Zudem verwies Rakusan darauf, dass sich einige Aufnahmeländer bereits heute an ihren Belastungsgrenzen sehen. Ihm zufolge muss deswegen auch über Solidarität und über zusätzliche finanzielle und organisatorische Hilfen geredet werden.
◾️ Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) waren zuletzt rund 3,3 Millionen Menschen aus der Ukraine als Kriegsflüchtlinge in Europa registriert. Die meisten von ihnen sind den Zahlen zufolge in Polen (1,2 Millionen), Deutschland (670 000) und in Tschechien (388 000), wobei Deutschland fast acht Mal so viele Einwohner hat wie Tschechien und mehr als doppelt so viele wie Polen.