Behörden in der Ostukraine raten Zivilisten zur Flucht
Im Ukraine-Krieg haben sich die Kämpfe am Mittwoch weiter auf den Osten des Landes konzentriert. Das ukrainische Militär meldete, es sei an mehreren Orten gelungen, den russischen Vormarsch in dem Gebiet Donbass zu stoppen. Die Behörden in der Region Donezk riefen indes die Zivilbevölkerung zur Flucht auf.
"Russland hat das gesamte Gebiet von Donezk zu einem gefährlichen Hotspot auch für Zivilisten gemacht",
schrieb Gouverneur Pawlo Kyrylenko am Mittwoch auf Telegram.
"Ich rufe alle zur Evakuierung auf! Evakuierung rettet Leben!", so Kyrylenko weiter. Der Bürgermeister der ostukrainischen Stadt Slowjansk, Wadym Ljach, kündigte Busse und Züge zum Transport von Zivilisten in den Westen des Landes an. "Kein Risiko eingehen! Packt zusammen!", teilte Ljach mit. Insgesamt seien seit Beginn der Kämpfe in Slowjansk 17 Menschen getötet und 67 verletzt worden. "Gestern gab es durch Angriffe zwei Tote und sieben Verwundete", erklärte Ljach.
Tass: Hafen in Mariupol wieder bei voller Auslastung
Der Hafen der russisch besetzten Stadt Mariupol im Süden der Ukraine ist einem Agenturbericht zufolge wieder vollständig ausgelastet. Die russische Nachrichtenagentur Tass beruft sich in dem Bericht auf Hafenbehörden. Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu hatte vor einem Monat erklärt, dass der Hafen von Mariupol von Minen befreit worden sei und somit für Getreidelieferungen bereit sei.
◾️ Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, ukrainisches Getreide gestohlen zu haben. Die Führung in Moskau bestreitet dies.
Habeck droht Russland mit weiteren Sanktionen
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich für weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland ausgesprochen.
"Ich will kein Hehl daraus machen, dass in meinem Ministerium noch Gedanken sind für weitere Sanktionen",
sagte der Grünen-Politiker am Mittwochabend in München. "Wir sind noch lange nicht am Ende." Die Sanktionen seien bereits höchst wirksam und träfen Russland hart. Gerade im Bereich etwa von Software-Wartung könne man aber noch mehr machen.
◾️ Die europäischen Partnern müssten sich aber da einig sein. "Von mir aus laden wir noch mal nach", so Habeck.
Ukrainischer Parlamentsmandatar unter Hochverratsverdacht
In der Ukraine wird der Parlamentsabgeordnete Olexij Kowaljow wegen Hochverrats gesucht. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der 33-Jährige im Juli den Posten des Vizechefs der Besatzungsverwaltung im russisch okkupiertem Gebiet Cherson erhalten habe, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch im Nachrichtendienst Telegram mit. Ihm droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Gefängnisstrafe.
Kowaljow hatte erst im Juni einen offenbar vom ukrainischen Geheimdienst organisierten Anschlag überlebt. Die Ernennung von Kowaljow war am Montag von der russischen Besatzungsverwaltung bekanntgegeben worden. Kowaljow war 2019 über ein Direktmandat im Gebiet Cherson für die Präsidentenpartei Diener des Volkes in die Oberste Rada gewählt worden. Im April wurde er nach seiner Rückkehr in seine Heimatregion aus Partei und Fraktion wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit Moskau ausgeschlossen. Russland hatte nach seinem Einmarsch in die Ukraine Ende Februar fast das gesamte Gebiet Cherson erobert.
Russlands Expräsident bringt Atomwaffen-Einsatz zur Sprache
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat im Zusammenhang mit den Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine vor einem Atomkrieg gewarnt.
"Die Idee, ein Land zu bestrafen, das über das größte Atomwaffenarsenal verfügt, ist an und für sich absurd",
schrieb Medwedew am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Dadurch werde möglicherweise "eine Bedrohung für die Existenz der Menschheit" geschaffen.
◾️ Er warf den USA vor, Russland vor internationale Gerichte bringen zu wollen, obwohl Washington nie für seine eigenen Kriege bestraft worden sei. Medwedew ist derzeit stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats in Russland.
◾️ Von 2008 bis 2012 war er russischer Staatschef, anschließend übernahm er bis 2020 den Posten des Ministerpräsidenten. Seit dem Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine greift Medwedew den Westen regelmäßig mit scharfen Worten an. Anfang Juni veröffentlichte er eine wütende Botschaft gegen angebliche Feinde Russlands, die er als "verkommene Menschen" bezeichnete.
◾️ Russland bestreitet systematisch alle Übergriffe, die seinen Streitkräften in der Ukraine zur Last gelegt werden, darunter Angriffe auf Zivilisten, Massenhinrichtungen und Vergewaltigungen. Stattdessen beschuldigt Moskau die ukrainische Armee, Kriegsverbrechen begangen zu haben.
Baerbock vor G20-Treffen: Russland nicht Bühne überlassen
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat vor dem Treffen der G20-Außenminister auf Bali für eine gemeinsame Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geworben.
"Wir alle haben ein Interesse daran, dass internationales Recht geachtet und respektiert wird. Das ist der gemeinsame Nenner", erklärte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Berlin. "Und es ist auch der Grund, warum wir Russland nicht einfach die Bühne des Treffens überlassen werden."
◾️ Zu dem G20-Treffen wird auch der russische Außenminister Sergej Lawrow erwartet. Für Donnerstagabend (Ortszeit) ist ein Empfang vorgesehen, die Arbeitssitzungen sind am Freitag geplant. Die G20 ist eine Staatengruppe führender Wirtschaftsmächte, der auch autoritär geführte Länder wie Russland, China und Saudi-Arabien angehören. Indonesien hat aktuell die Präsidentschaft. Baerbock will am Rande des Treffens auch bilaterale Gespräche führen. So dürfte sie unter anderem Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi treffen.
"Russland tötet nicht nur mit Bomben, sondern auch durch gezieltes Ausnutzen von Abhängigkeiten und durch Hunger als Waffe", kritisierte Baerbock.
◾️ Das spürten die Menschen in Mali und Niger ebenso wie in Libanon, Argentinien und Indien. In dieser Lage sei die Abstimmung und Beratung mit den internationalen Partnern wichtiger denn je.
"Die Stimme jedes einzelnen Landes weltweit zählt gleich viel, egal wie groß oder klein ein Land ist."
◾️ Deshalb sei es entscheidend, sich damit auseinander zu setzen, welche Punkte für Entscheidungen und Handeln der Partner in anderen Teilen der Welt entscheidend seien. Dafür biete das G20-Treffen eine sehr gute Gelegenheit.
◾️ Wie unter einem Brennglas zeige der russische Angriffskrieg, dass Themen wie Außen- und Sicherheitspolitik, die weltweite Ernährung und die Klimakrise auf das Engste miteinander verwoben seien, erklärte Baerbock.
"Uns allen ist bewusst: Kein Staat allein kann hierfür Lösungen finden, wir sind alle zusammen gefordert."
Chef der deutschen Bundesnetzagentur ruft zum Gassparen auf
Der Chef der deutschen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat Privathaushalte und Industrie zum sparsamen Umgang mit Gas aufgefordert. Jeder eingesparte Kubikmeter Gas helfe, angesichts der unsicheren Belieferungsaussichten in den kommenden Monaten die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen, sagte Müller am Mittwoch bei einem Besuch auf dem Gelände des größten Erdgasspeichers in Deutschland im niedersächsischen Rehden bei Diepholz.
◾️ Müller wies auf das im Gasspeichergesetz vorgegebene Ziel hin, bis 1. Oktober die Gasspeicher in Deutschland zu 80 Prozent gefüllt zu bekommen und zum 1. November zu 90 Prozent. Ob das Ziel erreicht werde, sei noch nicht klar. "Genauso gut könnten Sie mich nach der Wetterprognose für den Herbst fragen", sagte er.
◾️ Es gebe noch viele Unwägbarkeiten. Neben der Frage, ob Russland nach Beendigung von Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 Ende Juli wieder Gas nach Deutschland leite, sei es angesichts von Streiks auch die Frage, ob Norwegen Gas in der vereinbarten Menge liefern könne.
Scholz kündigt weitere Waffenlieferungen über Ringtausch an
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigt weitere Waffenlieferungen an die Ukraine über den Umweg von Partnerländern an. "Wir haben mehrere Ringtausche vorbereitet", sagt Scholz am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. Diese stünden "unmittelbar" vor der Auslieferung.
◾️ Über einen Ringtausch stellen Partnerländer in Osteuropa und zuletzt auch Griechenland der Ukraine schwere Waffen aus Sowjetbeständen zur Verfügung. Deutschland füllt die Depots der Partner dann mit modernen Waffen wieder auf.
Russland meldet die Zerstörung amerikanischer Himars-Raketenwerfer
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben zwei US-Raketenwerfer vom Typ Himars zerstört.
"Nahe der Ortschaft Malotaranowi in der Donezker Volksrepublik wurden zwei Startrampen des Mehrfachraketenwerfers Himars aus den USA sowie zwei dazugehörige Munitionslager durch luftgestützte Hochpräzisionsraketen vernichtet",
sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch. Unabhängig ließen sich die Angaben nicht überprüfen. Medienberichten zufolge hat die Ukraine bisher vier Himars-Systeme bekommen.
◾️ Darüber hinaus berichtete Konaschenkow über die Zerstörung eines großen Artilleriemunitionslagers nahe der frontnahen Stadt Soledar. Dabei seien 1500 Artilleriegeschosse verschiedenen Kalibers und mehr als 100 Panzerabwehrraketen "ausländischer Produktion" in die Luft gegangen, sagte er.
◾️ In einem Luftkampf im Süden der Ukraine habe ein russisches Jagdflugzeug Su-35 zudem zwei ukrainische Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 und einen Kampfjet vom Typ Mi-25 abgeschossen.
◾️ Das russische Verteidigungsministerium behauptet, seit Kriegsbeginn 232 ukrainische Flugzeuge und 137 Hubschrauber abgeschossen zu haben. Medienberichten zufolge hatte die Ukraine vor dem Krieg allerdings nur rund 100 Flugzeuge und 90 Hubschrauber in ihrem Bestand.
Gas und Atomkraft "grüne" Investition: Österreich wird klagen
Das EU-Parlament hat für die Einstufung von Gas und Atomkraft unter gewissen Bedingungen als klimafreundliche Investition gestimmt. Von den anwesenden EU-Abgeordneten votierten am Mittwoch in Straßburg 328 für die von der EU-Kommission vorgelegten sogenannten Taxonomie, 278 dagegen und 33 enthielten sich.
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