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Alexander Van der Bellen bleibt Bundespräsident.

BP-Wahl 2022

Wahlkarten gezählt: Van der Bellen siegt vor Rosenkranz und Wlazny

Alexander Van der Bellen bleibt Bundespräsident. Der Amtsinhaber erreichte bei der Wahl am Sonntag laut vorläufigem Gesamtergebnis (inklusive Wahlkarten) 56,7 Prozent der Stimmen. Damit ist keine Stichwahl nötig.

FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz kommt auf 17,7 Prozent. Platz drei holte sich schließlich Bierpartei-Chef Dominik Wlazny mit 8,3 vor und Rechtsanwalt Tassilo Wallentin mit 8,1 Prozent

Die Wahlbeteiligung lag bei rund 65,2 Prozent. Das ist etwas weniger als im ersten Wahlgang 2016 (68,5 Prozent).

Van der Bellen dankte nach der Veröffentlichung der Hochrechnungen seinen Wählerinnen und Wählern in einer Videobotschaft für ihre Stimmen. Er werde "sorgsam damit umgehen". Das wiedergewählte Staatsoberhaupt erklärte: "Die Aufgaben die vor uns liegen sind groß und es braucht einen Schulterschluss um sie zu lösen."

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Das Endergebnis inkl. Briefwahl:

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Van der Bellen traf Nehammer

Zwei Tage nach seiner Wiederwahl als Bundespräsident hat Alexander Van der Bellen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu einem Gedankenaustausch getroffen. Bei der gut einstündigen Unterredung ging es u.a. um die aktuelle Situation betreffend des russischen Aggressionskriegs in der Ukraine sowie um die Teuerung. Auch die europäische Zusammenarbeit in diesen Fragen war Thema.

Die ÖVP hatte auf eine Gegenkandidatur bei der Hofburg-Wahl verzichtet und auch keine Wahlempfehlung ausgegeben. Prominente Proponenten der Partei wie Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter oder der ehemalige steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hatten aber aus ihrer Unterstützung für den Amtsinhaber keinen Hehl gemacht. Nehammer selbst beließ es am Wahlabend bei einer schriftlichen Gratulation und der Hoffnung, dass die gute Zusammenarbeit fortgesetzt werde.

Internationale Pressestimmen

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Schon die erste Wahl, die ihn 2016 ins Amt befördert hatte, war ungewöhnlich abgelaufen; die FPÖ, deren Kandidat knapp unterlag, hatte erfolgreich Verfassungsbeschwerde wegen kleiner Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung der Wahl eingelegt. Diesmal war weniger die Art des Wahlsiegs als der Wahlkampf ungewöhnlich: Der Amtsinhaber trat gegen sechs Kandidaten an, von denen - bis auf den FPÖ-Bewerber - keiner für eine etablierte Partei ins Rennen ging. Drei Kandidaten der Rechten, die sich als 'Systemgegner' und 'Feinde des Establishments' gerierten, traten an. Die eigentliche Überraschung aber war letztlich der Rockmusiker und Arzt Dominik Wlazny alias Marco Pogo, der in der Hauptstadt Wien mit knapp zwölf Prozent noch vor dem FPÖ-Bewerber auf dem zweiten Platz landete und vor allem von Menschen unter 30 gewählt wurde."


"Neue Zürcher Zeitung":

"Für das Amt des Bundespräsidenten waren Van der Bellens Gegner allesamt gänzlich ungeeignet. Und doch vereinten sie 44 Prozent der Stimmen auf sich. Das zeigt ein dramatisches Ausmaß von Frust und Zorn gegenüber den politischen Eliten. Vor dem Hintergrund der Turbulenzen der letzten Jahre vermag das nicht zu erstaunen. Aber es ist auch Van der Bellen offensichtlich nicht ausreichend gelungen, Vertrauen wiederherzustellen. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die wirtschaftlichen Verwerfungen haben europaweit Gräben vertieft und Gewissheiten erschüttert. Aber in Österreich wird in besonderem Maß jede Krise für parteipolitische Zwecke missbraucht. Hier ist Van der Bellen gefordert. In seiner zweiten Amtszeit sollte er seine Autorität öfter einsetzen und mehr Achtung für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einfordern. Gelingt es nicht, die Glaubwürdigkeit der Politik wieder zu verbessern, wird die Instabilität zum Dauerzustand."


"Frankfurter Allgemeine Zeitung":

"Verlässlichkeit, Stabilität und gute Erfahrungen mit seiner ersten Amtszeit waren für seine Wähler wesentliche Motive, wie aus Nachwahlbefragungen hervorging. Tatsächlich hatte Van der Bellen das Land durch turbulente Zeiten geführt. (...) Van der Bellen war zufrieden mit seinen 56 Prozent, nicht zu Unrecht, denn mehr braucht er nicht für sechs weitere Jahre in der Wiener Hofburg. Er hatte vor allem die Sorge gehabt, dass seine potentiellen Wähler aus Bequemlichkeit zu Hause bleiben könnten, weil vermeintlich eh alles klar war. Aber verglichen mit früheren Bundespräsidenten, die sich um eine zweite Amtszeit bewarben, ist Van der Bellens Ergebnis nicht glänzend. Vorgänger Heinz Fischer erhielt 2010 bei seiner Wiederwahl fast 80 Prozent. Auch wenn die Umstände jeweils andere waren: Als Indikator auf ein höheres Maß an Polarisierung dürfte der Befund hindeuten."

Wahlbeteiligung war etwas geringer als 2016, Tirol Vorletzter

Die Wahlbeteiligung bei der Bundespräsidentenwahl ist im Vergleich zur letzten Wahl gesunken, einen dramatischen Einbruch gab es aber nicht. In Vorarlberg gingen sogar etwas mehr Menschen zur Urne, das Bundesland blieb dennoch Schlusslicht – hinter Tirol.

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📽️​ Video | Briefwahlstimmen ausgezählt

Die vollständige Auszählung auch der Briefwahlstimmen hat am prognostizierten Ergebnis der Bundespräsidentenwahl kaum etwas geändert: Alexander Van der Bellen ist mit 56,7 Prozent wiedergewählt geworden, dahinter folgt Walter Rosenkranz mit 17,7 Prozent. Platz drei geht an Dominik Wlazny mit 8,3 Prozent der Stimmen.

📽️​ Video | Wie die Jungen gewählt haben

Wenn man nur die Ergebnisse der Unter-30-Jährigen heranzieht, hätte es eine Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Dominik Wlazny gegeben. Laut Meinungsforschern hätte es Wlazny geschickt verstanden, jugendrelevante Themen wie Leistbarkeit des Lebens oder Wohnpolitik auf Social Media anzusprechen.

Wahlbeteiligung geringer, aber kein dramatischer Einbruch

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist es – wie man auch am Wahlergebnis sieht – ganz gut gelungen, seine Wähler zu überzeugen, dass sein Verbleib in der Hofburg keine „g'mahte Wiesn" war. Die Wahlbeteiligung fiel letztlich besser aus als Meinungsforscher befürchtet hatten. Mit 65,2 Prozent ist sie nicht allzu stark eingebrochen gegenüber den 68,5 Prozent des ersten Wahlganges 2016.

Um 3,3 Prozentpunkte ging die Beteiligung österreichweit zurück. Mit zwei Ausreißern: In Vorarlberg ist die Beteiligung gestiegen, um 1,2 Prozentpunkte auf 56,1 Prozent. Was allerdings nichts daran ändern konnte, dass Vorarlberg den schwächsten Wert ausweist. Nicht viel besser war allerdings Tirol mit 56,5 Prozent (nach leichtem Rückgang).

Quasi spiegelverkehrt ist die Situation am anderen Ende: Das Burgenland erlebte den stärksten Rückgang (7,2 Prozentpunkte) aller neun Länder, liegt mit 70,5 Prozent aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt. Platz 1 verloren die Burgenländer aber an die Niederösterreicher, von denen (trotz einem Minus von 4,5) immer noch 72,6 Prozent zur Wahl gingen.

Jedenfalls zeigte sich der generell rückläufige Trend bei der Wahlteilnahme – der durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wurde - auch bei der heurigen Hofburg-Wahl: 65,2 Prozent sind die zweit-niedrigste Beteiligung seit Einführung der Direktwahl 1951.

Der Anstieg auf 74,21 Prozent bei der Stichwahl-Wiederholung im Dezember 2016 war offensichtlich nur ein Zwischenhoch – dank der starken Mobilisierung durch die Richtungsentscheidung zwischen Van der Bellen und dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer.

Langfristig betrachtet ist das Interesse an der Bundespräsidentenkür in den vergangenen vier Jahrzehnten stetig zurückgegangen. Bis 1980 war die Beteiligung noch sehr hoch, über 90 Prozent. Das lag an der Wahlpflicht. Sie galt für die Hofburg-Wahl österreichweit bis 1982. Danach konnte sie noch per Landesgesetz angeordnet werden. Dies war 1986 und 1992 noch in vier Ländern der Fall. 1998 hatten Tirol und Vorarlberg noch Wahlpflicht, 2004 nur mehr Tirol - und 2010 war die erste Wahl, in der österreichweit keine Pflicht zur Stimmabgabe bestand.

In den 90er-Jahren fiel die Beteiligung von Wahl zu Wahl auf noch etwas über 80 Prozent, 1998 nahmen schwache drei Viertel der Berechtigten teil, 2004 etwas über 70 Prozent – und 2010 brach die Beteiligung bei der Wiederwahl von Heinz Fischer auf 53,57 Prozent ein. Dies lag damals daran, dass die ÖVP keinen eigenen Kandidaten im Rennen hatte, aber sich angesichts der SPÖ-Parteikarriere auch nicht zur Unterstützung Fischers durchringen konnte. Viele ÖVP-Wähler blieben damals daheim oder wählten „weiß".

Van der Bellen vom Rekord weit entfernt

Alexander Van der Bellen ist mit seinen 56,69 Prozent bei der Bundespräsidentenwahl am Sonntag weit vom Rekord-Ergebnis Rudolf Kirchschlägers bei dessen Wiederantritt im Jahr 1980 mit 79,87 Prozent entfernt geblieben. Auch Heinz Fischers Wiederantritts-Ergebnis von 2010 (79,33 Prozent) war außer Reichweite. Dennoch: Insgesamt erzielten nur vier Wahlgewinner ein besseres Resultat als der ehemalige Grünen-Chef.

Freilich war die Ausgangslage, das beste Hofburg-Ergebnis einzufahren, nicht besonders günstig für den Amtsinhaber. Mit insgesamt sieben Kandidaten fand sich Van der Bellen auf einem Rekord-Stimmzettel wieder, niemals zuvor war der Andrang in die Hofburg größer. Andererseits schickte seitens der Parlamentsparteien mit Walter Rosenkranz nur die FPÖ einen eigenen Bewerber ins Rennen. Alle anderen waren Vertreter von Kleinparteien oder Privatpersonen.

Für das beste Ergebnis aller 14 Direktwahlen hätte Van der Bellen freilich 80 Prozent gebraucht. Mit seinen 56,69 Prozent lag er aber immerhin an fünft-bester Stelle aller Wahlgewinner seit der ersten Direktwahl 1951.

Mehr Zustimmung erzielten nur Fischer bei seinem Zweit-Antritt 2010 (79,33 Prozent), Thomas Klestil bei seinem ersten Antreten 1992 (56,89 Prozent in der Stichwahl) sowie 1998 bei seinem Wiederantritt (63,42 Prozent) - und 1980 Kirchschläger mit den genannten 79,87 Prozent. Unter den zur Wiederwahl angetretenen Kandidaten liegt Van der Bellen hinter Kirchschläger und Fischer sowie Klestil auf Platz vier. Hinter ihm stehen auf der Liste der Zweit-Antritte nur noch Adolf Schärf und Franz Jonas.

Van der Bellen ist übrigens der erste Bundespräsident, der nicht aus den Reihen der SPÖ oder der ÖVP kommt – sondern früher Grünen-Chef war. Und er hatte bei seinem ersten Antritt 2016 gewichtige Mitbewerber: FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (der sich in der Stichwahl dann geschlagen geben musste) war mit 36,40 Prozent im ersten Wahlgang noch weitaus stärker als er. Die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss schaffte mit fast 19 Prozent das bisher stärkste Ergebnis einer parteifreien Bewerberin – und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sowie Andreas Khol (ÖVP) schnitten zwar schwach wie nie zuvor Kandidaten ihrer Parteien ab, aber holten zusammen auch rund 22 Prozent.

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