Anwalt Mathias Kapferer beteuert Unschuld des Angeklagten

Anwalt Mathias Kapferer erwidert, auch er habe von dem Fall aus den Medien erfahren und sei zunächst skeptisch gewesen. Er habe sich aber mittlerweile intensiv mit dem umfangreichen Akt beschäftigt und wolle die Gegenperspektive zu den Ausführungen des Staatsanwalts geben.

Kapferer ermahnt die Geschworenen, an den Zweifelsgrundsatz („im Zweifel für den Angeklagten“) zu denken. Sie müssen "mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit überzeugt sein, dass es so war".

Kapferer stellt das Team aus Anwälten und Sachverständigen vor, das den Angeklagten verteidigen wird. Die Familie gehe "an die Grenzen des Möglichen", um die Verteidigung zu finanzieren und so die Unschuld des Angeklagten zu beweisen.

"Die Familie geht an die Grenzen des Möglichen, um die Unschuld des Vaters zu beweisen."

Die Tatortarbeit der Polizei sei nicht verwertbar, wiederholt Kapferer die Kritik der Verteidigung. So seien etwa die Glasscherben nicht ausreichend sichergestellt worden. Auch die Suche nach "Bewusstlosigkeit" sei erklärbar, weil es in der Familie nachweisbar ein Gespräch über Feuerquallen gab.

Die Frau des Angeklagten habe sich in die Verteidigung eingebracht und wolle nichts unversucht lassen. Kapferer stellt klar:

"Zwischen das Ehepaar passt kein Blattl Papier."

Der abgesagte Kindergartenplatz als Motiv, den Bub zu ertränken, könne er nicht nachvollziehen. Die Familie habe den Rückschlag hingenommen und entschieden, weiter zu kämpfen. Das Ermittlungsverfahren sowie die Anklageschrift seien nicht ausgewogen. Es geben keine Beweise, sondern nur Indizien.

Kapferer hebt hervor, Leon habe "riesige" Fortschritte gemacht, begonnen durchzuschlafen, mehr und mehr Betreuung zugelassen. Der Familie sei es zudem im Sommer 2022 gelungen, zusätzliche Betreuungspersonen zu finden. Die Argumentation sei darum nicht nachvollziehbar.

Bereits Jahre zuvor sei es "in einem absoluten Kraftakt" gelungen, einen Verein zu gründen und Geld für die Forschung zu sammeln. Kurz vor dem Tod Leons seien 8,5 Millionen Euro zugesagt worden.

"Ist der Angeklagte zu so einer Wahnsinnstat fähig? Der hat in seinem Leben keiner Fliege was zu Leide getan."

Die Kritik an der Polizei könne nicht verschwiegen werden und werde eine große Rolle im Verfahren spielen, so Kapferer. Sowohl bei den Glasscherben als auch der Handy-Auswertung und Vernehmungen des Angeklagten seien gravierende Fehler passiert. So sei etwa der Schrittzähler am Handy fehlerhaft gewesen.

"Wir werden in diesem Verfahren auch fragen müssen, wie polizeiliche Tests stattfinden."

Ein Streifenpolizist habe auf Aufzeichnungen einer Bipa-Filiale gesehen, dass dem Angeklagten jemand gefolgt sei. Die Ermittler hätten jedoch so lange abgewartet, bis das Video gelöscht wurde. Die DNA-Auswertung hätte außerdem auf Leons Kleidung Nachweise einer fremden männlichen Person gezeigt.

Seit 500 Tagen sei der Angeklagte mittlerweile in Untersuchungshaft, weil er angeblich gefährlich sei. Das sei nicht nachvollziehbar.

"Was ist denn am 28.8. wirklich passiert?"

Das könne man nicht losgelöst betrachten, kommt Kapferer auf die vorangegangenen positiven Entwicklungen des Buben zurück. Die Familie habe einen schönen Sommerurlaub in Italien verbracht.

Die Suche nach "Bewusstlosigkeit" sei der einzige Hinweis auf eine Vorbereitung auf eine solche Tat, für diese gebe es jedoch eine andere Erklärung. An den Tagen vor dem Tod habe der Angeklagte die Küche umgebaut und einen neuen Stuhl für Leon gekauft. Auch die nächtlichen Spaziergänge seien seltener geworden, weil es Leon besser gegangen sei.

Die Flasche müsse man im Kinderwagen nicht sehen und der Kinderwagen sei auch mit der Flasche im Fach zusammenklappbar. Das Fach sei nicht immer ausgeräumt worden und der Wagen stand frei zugänglich vor dem Haus, hält der Anwalt fest. Die als Beweismittel verwendeten Videos seien vom Angeklagten zur Verfügung gestellt worden:

"Welcher planende Mörder tut das?"

Auch den vom Staatsanwalt vorgebrachten Zweifeln an der Bewusstlosigkeit des Angeklagten hält Kapferer Kritik an den Ermittlungen entgegen. Es gebe einfache Erklärungen dafür. So sei etwa eine Unterkühlung bei einer gesunden, gut gekleideten Person nicht zwangsläufig die Folge.

Zusammenfassend sagt Kapferer: Die polizeiliche Ermittlung sei kritisch zu betrachten und habe zu keinem tatsächlichen Beweis geführt. Vieles spreche gegen eine vom Staatsanwalt beschriebene geplante Tat - etwa der Ort, an dem man jederzeit überrascht werden könnte.