ÖSV-Team gleicht einer Wohlfühloase

Das österreichische Skisprungteam gleicht derzeit einer Wohlfühloase inmitten der sonst so rauen Welt des Spitzensports. Alle sind zufrieden und glücklich, bei Interviews herrscht stets positives Denken, und sogar der passionierte Einzelgänger Gregor Schlierenzauer betont, dass er jeden Schritt mit dem Cheftrainer abgestimmt habe. Für manche Medien ist das bisherige Abschneiden unseres Teams „stark“ und „sensationell“.

Die Tatsache, dass Markus Schiffner endlich ein paar Weltcup-Punkte geholt hat, bezeichnet Heinz Kuttin als „großes Kino“. Man müsse nur Geduld haben, ein Sieg würde passieren. Bis jetzt blieb er dem Team nur „verwehrt“.

Ich kann verstehen, dass man im ÖSV nach den energieraubenden und erfolgreichen Jahren der Superadler gegensteuern wollte. Der Druck auf das Team ist nun mit Sicherheit geringer als in meinen Trainerjahren: Die öffentliche Erwartungshaltung ist gesunken, junge Athleten bekommen mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Ich glaube auch, dass Heinz Kuttin Recht behalten wird: Kraft oder Hayböck werden irgendwann im Laufe der Saison gewinnen.

Doch ist es das, wofür der österreichische Skisprungsport steht? Gibt es keine großen Ziele mehr? Wo ist der Erfolgshunger geblieben? Ich habe das Gefühl, dass der Gewinn der Vierschanzentournee oder des Gesamt-Weltcups schon gar nicht mehr als Ziele formuliert werden – aus Angst, man könnte sie nicht erreichen.

Es wird immer Ausnahmesportler geben, die einer Saison den Stempel aufdrücken, wie dieser Tage die Prevc-Brüder oder damals ein Gregor Schlierenzauer. Aber gerade ein Stefan Kraft mit seiner Konstanz und auch ein Michael Hayböck, wenn er voll fit ist, können den anderen jederzeit Paroli bieten. Dazu gehört jedoch eine gehörige Portion Siegeswillen!

Spätestens am Wochenende in Engelberg, bei der Tournee-Generalprobe, müssen die Österreicher Farbe bekennen. Skispringen lebt in unserem Land von Erfolgen. Gibt man sich mit zweit- und drittklassigen Leistungen zufrieden, verschwindet das Interesse. Es braucht Typen mit Ecken und Kanten, die ehrgeizig sind und auch einmal wütend die Skier ins Eck schleudern, wenn sie nicht vorne landen.

Abbildung von: ÖSV-Team gleicht einer Wohlfühloase